Was Benutzerfreundlichkeit wirklich bedeutet
Eine benutzerfreundliches Design steht derzeit ganz weit oben auf jeder To-Do-Liste aller Softwareanbieter. Ich habe zahlreiche Beiträge von anderen Anbietern gelesen, die Verbesserungen an der Benutzeroberfläche ihres Tools in naher Zukunft geplant haben.
Mir ist außerdem aufgefallen, dass Softwarehersteller Benutzerfreundlichkeit als besondere, außergewöhnliche Eigenschaft Ihres Produktes darstellen, besonders dann, wenn diese in externen Reviews kritisiert wird.
Das Problem ist, Sie werden das Rennen gegen die Konkurrenz verlieren, wenn Sie und Ihre Kollegen aus der Führungsetage die Interaktion Ihrer User mit dem Programm lediglich als besondere Zusatzfunktion sehen.
Der Trend, die User-Interaktion erst in einer späteren Phase zu integrieren, ist genauso hoffnungslos, wie der Versuch mit einem künstlich aufgesetzten coolen Image die besten Nachwuchskräfte für sich zu gewinnen. Das wird nicht funktionieren. Nur weil ich mir also einen Tischkicker und ein Büro-Haustier anschaffe, ist mein Unternehmenskultur noch lange nicht anders. Um cool zu wirken, muss man cool sein. Das gleiche gilt für die Benutzeroberfläche eines Tools - Benutzerfreundlichkeit muss im Kern einer Softwarelösung verankert sein und und nicht nachträglich daraufgesetzt werden.
Wenn ich nun die Berichte der Unternehmen lese, die sich Benutzerfreundlichkeit in 2015 ganz oben auf die Roadmap geschrieben haben, frage ich mich, warum sie dies bei Version 1.0 verpasst haben. Es ist technisch nicht möglich die komplette Funktionsweise auf den Kopf zu stellen. Das Gleiche gilt für Schönheitsoperationen, wie die Veränderung von Schriftgrössen oder das Hinzufügen von bunten Bildchen im Hintergrund. Das ist nicht mehr als ein Umstyling - ebenso gut könnte man einem Schwein Lippenstift auftragen.
Die Wahrheit ist, dass es keine Schnellverfahren für Userexperience (UX) Design gibt. Für die beste Nutzererfahrung, müssen Sie die gesamte Anwendung von Grund auf neu aufsetzen. Also etwas, an viele Hersteller niemals glauben werden und keine Zeit und Geld in ein solches Entwicklungsprojekt stecken wollen.
Die Benutzeroberfläche ist also nicht bloß eine reine Designsache, es ist ein gesamter Entwicklungsschritt. "Bitte, was?", höre ich Sie fragen. Hier ist die Antwort: Je mehr Sie die Benutzeroberfläche entwickeln und konfigurieren, desto technisch anspruchsvoller ist die Funktionalität. Es braucht Tage, nur um den Feinschliff in Javascript zu programmieren, damit Sie z.B. nicht bis in die Unendlichkeit scrollen können. Ebenfalls dauert es Stunden, die Programmierschnittstellen zu umschreiben, nur um einen Mausklick im Arbeitsprozess zu sparen. Ähnlich ist es mit der Kompatibilität des Programms in verschiedenen Browsern und die einhergehenden endlosen Testroutinen.
Dies bedeutet aber auch, dass eine gute Benutzeroberfläche sehr teuer ist. Jeder der irgendwann einmal ein Design programmiert hat, wird zustimmen, dass viele Skizzen und Ideen verworfen wurden. Und auch wenn Sie mit der Implementierung des Basis-Interfaces fertig sind, gibt es immer noch genügend Spielraum für Verbesserungen.
Unter anderem wegen diesen Gründen stelle ich für Bynder ausschließlich Designer ein, die auch programmieren können. Ich brauche Designer, die verstehen, wie das Design aus jeder Perspektive technisch funktioniert und sie mussten in der Lage sein es zu beweisen. Der Grund dafür ist, dass rund die Hälfte unseres Entwicklungsteams nur an der Optimierung der Benutzeroberfläche arbeitet. (Schauen Sie sich Bynder hier an und Sie wissen was ich mit Benutzerfreundlichkeit meine)
Wenn Sie also erwägen ihre Benutzeroberfläche umzugestalten, sollten Sie sich also vorher bewusst machen, wie viel Sie investieren wollen, damit das Ganze zum Erfolg wird. Jeder aus Ihrem Entwicklungsteam muss "es" wirklich wollen. Ansonsten ist die ganze Aktion Zeit und Geldverschwendung.